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1920 - 2010
Neunzig Jahre Musikverein Eglosheim
erschienen in den Ausgaben 06/07 des "Eglosheimer Blättle" "Vom Bahndamm bis zur Autobahn"
Wechselhaft war die 90-jährige Geschichte des Musikvereines. Vorstände kamen und gingen, ebenso aktive und passive Mitglieder.
Erfolge und Enttäuschungen wechselten sich ab, wie auch das musikalische Repertoire des Orchesters und die Stilepochen. Das Leben
schrieb die Geschichte und die Liebe zur Blasmusik spielte darin immer die Hauptrolle.
Aus der Gründerzeit
Der Beginn der "Goldenen Zwanziger" fällt gleichzeitig mit den Nachkriegsjahren des Ersten Weltkrieges zusammen. Schon Widerspruch
genug, gerade nun einen Musikverein zu gründen.
Schon lange bestand in Eglosheim der Wunsch nach einer Blaskapelle. Doch weder geeignete Instrumente, noch Räumlichkeiten standen zur
Verfügung. Die Instrumente des Jünglingsvereins wurden im Weltkrieg beschlagnahmt und so konnte nicht einmal der Posaunenchor seiner
Aufgabe nachkommen.
Als dann im Jahr 1920 Karl Steinbrenner herausfand, dass sich die Instrumente des Posaunenchors in der Arsenalkaserne befanden, bestand
wieder Hoffnung. Zusammen mit Karl Rupp, Albert Schnaufer und dem Eglosheimer Pfarrer Gunzenhäuser erreichte man deren Herausgabe. Als
Karussellbesitzer Schneider nun noch Trommel und Becken stiftete, stand der Gründung einer Eglosheimer Blaskapelle nichts mehr im Wege.
Dem gegebenen Versprechen, bei kirchlichen Festen zu spielen, kam man gerne nach. Überwiegend widmete man sich aber der Volksmusik.
Unter seinem Dirigenten Reinhold Weiß spielte man noch in Kavalleriebesetzung, das heißt ohne Holzblasinstrumente.
Der Dorfverein wandelte sich zu einem angesehenen Musikverein im weiten Umkreis. Im Wettbewerb stellte man sich mit großem Erfolg der
Konkurrenz anderer Kapellen.
Otto Wagner führte alsbald Holzblasinstrumente ein. Unter seiner Leitung nahm die Kapelle einen großen Aufschwung. In dieser Zeit wurden
die ersten passiven Mitglieder aufgenommen.
Schon bald folgte man dem Zug der Zeit und schaffte Uniformen an.
Mit dem Ende der Weimarer Republik kam auch das Ende des MVE. Man wurde "SA-Reserve-Kapelle" und später "Leiterkapelle". Selbst hier
nahm die Politik ihren Einfluss. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches endete dieser Einfluss nicht. Nun bestimmte die amerikanische
Militärregierung, wer wieder aufgenommen werden durfte.
Der Musikverein wurde in die Sparte "Musik" des SKV Eglosheim eingegliedert, aber schon 1950 war er wieder ein selbstständiger Verein.
Auch hier beflügelte die Liebe zur Musik die Anhänger in ihrem Bestreben, den Musikverein wieder zu dem werden zu lassen, was er einstmals
war.
Die bunt gemischte Völkerschar aus fast ganz Europa beeinflusste auch die Musik in Eglosheim. Die Besatzungsmächte waren auch mit dabei.
Besonders die Klänge aus Übersee wurden von der Jugend begeistert aufgenommen. Wollte man langfristig den Fortbestand der Kapelle sichern,
war es wichtig, die Jugend für den Verein zu gewinnen. Bis zum heutigen Tag ist der Musikverein damit gut gefahren. Bis heute ist die Liebe
zur Blasmusik geblieben.
Die Flötengruppe
Die musikalische Früherziehung beginnt beim Musikverein mit dem Schulalter.
Mädchen und Buben erfahren hier eine Ausbildung, auf der sie, ganz gleich, welches Musikinstrument sie später wählen, immer aufbauen
können. Dies kam sehr gut an und die erste Gruppe wurde im Jahr 1979 unter der Leitung von Ingrid André geleitet. Sehr viele Kinder
waren in der Gruppe. Höhepunkt für die jungen Künstler war alljährlich der Elternnachmittag und die Weihnachts- und Jahresfeier.
Die Jugendkapelle
Mit der Gründung der Jugendkapelle, die erstmals am 01.Mai 1964 auf dem Kelterplatz öffentlich autrat, begann in der Geschichte
des MVE ein wichtiges Kapitel. Hier konnte die Jugend eine Ausbildung erhalten, die später dem Orchester zu hohem Ansehen verhelfen
sollte. Viele Jahre bildeten engangierte Musiker aus der Kapelle den eigenen Nachwuchs heran.
Mit der Übernahme und dem Ausbau des eigenen Vereinsheims, Anfang der 80er JAhre, begann auch in der Jugendarbeit ein neuer Abschnitt.
Hier, in den eigenen Räumen, konnte man sich einer gezielten Ausbildung widmen. Neben Ausbildern aus den eigenen Reihen wurden auch
Studenten der PH-Ludwigsburg herangezogen. Mitwirkung in Schulorchestern, Besuche von Lehrgängen des Blasmusik-Kreisverbandes wurden
vom MVE stets unterstützt und gefördert. Auftritte beim Scheunenfest, bei Gemeindefesten, der Bürgervereins-Hocketse und auf dem
Ludwigsburger Marktplatz wurden begeistert aufgenommen.
Aber nicht nur Ausbildung, Proben und Auftritte sind alles beim Musikverein. Gartenfeste, Radtouren und interessante Ausflüge gehören
zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung. Rücksichtnahme, Respekt vor anderen, Gemeinschaftssinn und sich näher kennenlernen sind nicht
nur beim gemeinsamen Musizieren von Nutzen.
Das Orchester
Dem Wandel der Zeiten konnten sich die musikalischen Ansprüche nicht entziehen. Die traditionelle Blasmusik, mit Marsch und Polka,
wird auch heute noch gepflegt. Die Änderung und Ausweitung des Repertoires zog selbstverständlich auch eine Aufwertung in der Ausbildung
nach sich. Ein breites Spektrum an musikalischem Können muss heute vorhanden sein. Die Vielseitigkeit des Orchesters spiegelt sich in
der Verschiedenartigkeit seiner musikalischen Darbietungen wider. Von konzertanter Blasmusik über sakrale Kirchenmusik, Unterhaltungsmusik
bis zur Stimmungsmusik reicht das Repertoire des Orchesters.
Eine ganze Reihe von Aktivitäten, angefangen vom Kelterplatzfest, Musikfest, Kirbe im Vereinsheim, Weihnachts- und Jahresfeier, sowie
Kirchenkonzerten bestimmen den Jahresablauf des Orchesters. Natürlich sind Auftritte bei Veranstaltungen wie Seniorenfeier,
Blumenschmuckwettbewerb des OGV, Martinsumzug und Feier des VdK inbegriffen. Auftritte bei befreundeten Vereinen werden gerne wahrgenommen.
Auch nach 90 Jahren ist der Musikverein voll in das Leben in unserem Stadtteil eingebunden. Für die weitere Zukunft ist er gut gerüstet.
Deshalb ein herzliches "Glück auf" für die nächsten Jahrzehnte!
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